Toleranz, Akzeptanz und wo zur Hölle ist mein fucking Problem?!

 

Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten.

Tolerant ist, eine andere Religion oder auch überhaupt eine Religion zu dulden. Zu sagen, dass einer es scheiße finde, dass die Kirchenglocken Sonntags Sturm bimmeln ist nicht intolerant, eine/r sagt ja nicht, dass die Kirche scheiße ist, sondern die Glocken. Die Kirche per se wird geduldet, der Mensch ist intolerant gegenüber Glocken, aber nicht grundsätzlich, die Glocken vom Big Ben zu hören sei nämlich schön.

Nun gut, das Christentum ist etwas, was weitläufig als deutsche Leitkultur [es krümmen sich mir die Fußnägel] bezeichnet wird. Aber auch zu sagen, dass es scheiße sei wenn morgens um 5h ein Typ von einem Turm aus singt, ist per se nicht intolerant, es sagt nur, dass einer es scheiße finde, wenn ein Typ morgens um 5h von einem Turm singt. Dass heißt nicht gleich, dass eine/r den Islam scheiße findet, er/sie ist nur gegen das morgendliche gesinge. Dann ist der Islam per se auch nicht intolerant, wie oft weitläufig behauptet wir, weil Frauen keine Rechte haben, denn das weibliche Geschlecht an sich wird ja toleriert, es wird geduldet. Aber selbst wenn der Islam intolerant ist, in welchem Punkt auch immer, müssen wir als tolerante Menschen das tolerieren, weil wir ja ein tolerantes Volk sind. ?

Freiheit ist immer die Freiheit des anders denkenden. Ein schöner Spruch und so treffend. Und zwar auf jeden. Toleranz heißt also, dass ich jede Meinung dulden muss.

„[..] fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten“. In dieser Definition steckt bereits mein fucking Problem, denn jede Überzeugung, Handlungsweise und Sitte, außer meiner eigenen, ist fremd. Aber ich muss sie dulden, weil ich ja ein toleranter Mensch bin.

Ich hielt mich immer für einen politisch links denkenden Mensch, bis mir vor kurzem gesagt wurde, jede Kritik an Israel sei antisemitisch. Wenn ich den Gazakrieg verurteile und dabei nicht zwingend eine projüdische Haltung einnehme, bin ich Antisemit. Meine Einstellung zu dem Krieg ist, dass es Täter und Opfer auf beiden Seiten gibt, und dass es aufhören muss. Lt. Aussage scheinbar vieler Linker ist das Antisemitisch. So stellte sich mir die Frage, ob ein Mensch jüdischen Glaubens immer und überall, egal was er/sie macht, sagt und denkt, als Jude zu bezeichnen ist. Wenn ein ultraorthodoxer Jude Frauen ihrer Rechte beschneidet, darf ich darüber nicht urteilen, wenn ich nicht als Antisemit gelten möchte. Wenn ein Moslem das macht, ist das aber in Ordnung, weil es Teil seiner „[..] fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten“ ist.

In our days sind wir alle tolerant gegenüber gleichgeschlechtlich Liebenden, so lange ein schwuler Mann seine Finger bei sich behält. Diese Meinung teilen auch viele Frauen. „Ich hab nichts gegen Homosexuelle, sie sollen mich nur nicht angraben!“ Da stellt sich mir schon die Frage, wie eingebildet muss jemand sein, sich für so toll zu halten, dass irgendjemand sie angräbt. Angemacht zu werden ist ja eigentlich ein Kompliment, es sagt ja erstmal nur, dass eine/r auf das Gegenüber wirkt, in welcher Form auch immer. Also: Wir sind alle tolerant gegenüber Homosexuellen, aber intolerant gegenüber Anmachen von Menschen, von denen wir nicht angemacht werden wollen.

Toleranz stützt sich immer auf Unterschiede, auf Abgrenzung. Immer. Wenn ich einen schwulen Mann toleriere, bewerte ich seine Sexualität und grenze sie von meiner ab. Ich halte meine Sexualität für normal und alles, was davon abweicht als unnormal. Wenn Heteros sich in den Arsch ficken, ist das in Ordnung, weil Heterosexualtität bei uns weiter verbreitet ist, bei Schwulen ist es pervers, aber ich toleriere es, weil der Toleranzbegriff auch sehr weit verbreitet ist. Ich finde es aber nicht gut.

Ursprünglich beschreibt der Begriff der Toleranz, die Duldung anderer Religionen neben der vorherrschenden, was immer die Trennung von Staat und Kirche voraus setzt.

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